#8 Mo, 20.08.07 Belgrad, km 874

Novi Sad - Belgrad. 77 km, 20,8 km/h. Schwierigkeit: 1/6. Wetter: 30°C, sonnig
Team: Christian, Georg, Robert, Tobi, ich. Länder: SRB


A bad day for clubbing

Am Geburtstag von Slobodan Milosevic überqueren wir den 20. Längengrad, und für mich gibt es ein Wiedersehen mit Belgrad. Dort haben wir ein Hostel für 12 Euro pro Person in einem Sechsbettzimmer.

Der Tag fing damit an, dass wir in Novi Sad auf Sofia (nicht die Stadt, sondern die Schwester von Dragan I) warten mussen, damit sie uns die versprochenen Omeletts machte. Dann kam sie aber doch mit einer opulenten Eierspeise mit Krautsalat und wünschte uns noch gute Reise.

Die führte uns zunächst über die Donau nach Petrovaradin. Dahinter erhöhte sich der Balkan-Faktor durch den Gestank von Yugos und Zastavas mit NS-Kennzeichen. In Sremski Karlvoci begann eine 5%-Steigung, die sich auf 3 km vorbei an einer Sinti- und Roma-Siedlung hinzog. Tobi zog Robert, Christian und mich wie eine Lokomotive mit 13 km/h hoch und holte sich seine ersten Bergpunkte. Kurz dahinter wurde die Straße zu einer Buckelpiste mit in einem regelmäßigen Abstand von 50 m auftauchenden, senkrecht zur Straße verlaufenden 10 cm dicken Rissen. Klack klack klack, und bei km 42 waren wir hinter Indija und in Stara Pazora. Keine Reise, aber eine kurze Snackpause wert, zumal bei den Preisen.

Die Wolken verzogen sich, und wir fuhren auf einer etwas zu verkehrsreichen Straße durch Zemun und schließlich auf eine Savabrücke, von der man einen herrlichen Blick auf die Kalmegdan-Festung und die dualistische Plattenbau/orthodoxe-Kirchen-Skyline von Belgrad hat. Auf dem Platz der Republlik hielten wir unsere Köpfe in den Brunnen waren die stinkenden serbsichen Autos erst einmal los. Auf der Kneza Mihajleva, Belgrads Flaniermeile, schoben wir unsere Räder zum sehr empfehlenswerten Park an der Kalmegdan-Festung. Und wen trafen wir dort? Die beiden Slowaken aus Novi Sad. Zeit für einen kurzen Plausch, ein Eis (wie im März machte mir der Eisverkäufer die Packung auf – gibt's das sonst noch irgendwo?) und dann ging's auf zur Tourist-Info.

Dort hing ein Schild «Komme in 5 Minuten». Wahrscheinlich kommt sie woanders, dachten Christian und ich nach 10 Minuten warten. Doch dann sah ich, wie eine auffallend hübsche Dame in einer Fußgängerunterführung, wo niemand wohnt, einen Schlüssel aus der Handtasche zog. Die Intuition war richtig: Eine Minute später besaßen wir eine Übernachtung für wieder mal 12 Euro p.P. und fünf Stadtpläne. Das gerade mal sechs Tage alte Hostel ist von außen (noch) gar nicht als solches erkennbar, die Fahrräder passen nur mit viel Phantasie und «Im Uhrzeigersinn drehen» in einen zugemüllten Keller, aber wir kriegen Getränke umsonst, alles ist sehr sauber und in der Hand von zwei freundlichen serbischen Studenten. Ich glaube, der Reiseführer hat recht, wenn er schreibt, dass die Hostels hier nur so aus dem Boden sprießen werden in den nächsten Jahren. Mittlerweile denkt der westliche Tourist nicht mehr gleich an Krieg und winkt ab, wenn es heißt «Belgrad» oder «Serbien», und das zurecht.

Am Abend erlebten wir das erste Gewitter an der Kalmegdan-Festung, für mich immer noch einer der beeindrucksten Plätze der Welt. Dort mündet die Sava, deren Lauf wir ja für rund 700 km gefolgt waren, in die Donau mündet und man das Ganze aus 100 Metern Höhe bei Sonnenuntergang betrachten kann. Für Georg «Djordje» , unseren neuen Publikumsliebling, war es wie der Hauptgewinn, dass wir ein Straßenlokal fanden, wo man im Fernsehen den 1. FC Köln (wie Georg dem Kellner verriet, «best club in the world» gegen Alemannia Aachen spielen sehen konnte. Wir wollten ja eigentlich clubben gehen, aber da Montag war, war laut Einheimischen «a bad day for clubbing». Schade. So mussten wir ins Hostel zurück und mit unserer belgischen Zimmergenossin Freibier trinken.

Fazit: Belgrad ist irgendwie cool, aber das ländliche Serbien oft eher armselig. Und das Café Orient-Express erinnert, dass wir fast schon mit dem Vorderrad in Istanbul sind.

Keine Kommentare: